75 Jahre Oberlandesgericht Linz – das nicht begangene Jubiläum
Im Gegensatz zu den drei anderen Oberlandesgerichten, die aus der Monarchie stammten, wurde jenes in Linz 1939 nach dem Anschluss neu gegründet.
08.04.2014 | 15:08 | Karl Krückl (DiePresse.com)
Die vier Oberlandesgerichte Graz, Linz, Innsbruck und Wien sind zumindest jedem judiziell tätigen Juristen geläufig. Eines davon ist Kind der Zeitgeschichte. Im Gesetzblatt für das Land Oberösterreich Nr. 198/1939 machte der Reichsstatthalter in Österreich die Verordnung vom 9. 2. 19139 der Reichsminister der Justiz und des Inneren „auf Grund des Artikels III des Gesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 237)“ kund, womit in Linz ein Oberlandesgericht errichtet wird. Dem Oberlandesgericht Linz wurden die Landesgerichte Linz, Wels, Steyr, Ried „unter Abtrennung vom Oberlandesgerichtsbezirk Wien zulegt“ (§ 2 leg cit). Seine Tätigkeit nahm das Oberlandesgericht Linz verordnungsgemäß (§ 4 leg cit) mit 1. 4. 1939 auf. Nach dem Beginn am Standort des Landesgerichts Linz wurde der Sitz in das ehemalige Kloster „Zum guten Hirten“ in der Baumbachstraße verlegt, wo es bis zum Neubau am heutigen Standort Gruberstraße verblieb.
“Vorläufiges” Weiterbestehen nach dem Krieg
Das Behörden-Überleitungsgesetz vom 28. Juli 1945, StGBl 94/1945, ließ das Oberlandesgericht Linz „vorläufig“ bestehen (§ 70 Abs 2 leg cit). Das Landesgericht Salzburg kam erst nach der Wiederrichtung der Republik Österreich durch Verordnung vom 6. Dezember 1945 des Staatsamtes für Justiz im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und dem Staatsamt für Finanzen BGBl 10/1946 “vorübergehend” vom Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck zum Sprengel des Oberlandesgerichts Linz. Damit bestand für die amerikanische Besatzungszone (wie praktisch für alle anderen auch, sieht man vom Sonderfall Wien mit den alliierten Sektoren und dem „gemeinsam“ verwalteten ersten Bezirk ab) ein einheitliches Oberlandesgericht. Eine Sonderregelung wiederum gab es für das Mühlviertel, dessen extra für die russische Besatzungszone eingerichtetes Landesgericht Linz-Nord mit dem Sitz in Urfahr das Oberlandesgericht Wien bis zum Ende der Besatzungszeit als übergeordnete Instanz hatte.
Oberlandesgerichte noch aus der Monarchie
Mit Ausnahme der Errichtung des Oberlandesgerichtes Linz griff das Deutsche Reich nach dem Anschluss in die bestehende Oberlandesgerichtsstruktur nicht ein. Und diese wurde 1918/1929 durch die Republik grundsätzlich aus dem Rechtsbestand der „Im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“, so der offizielle Staatsname des österreichischen Reichsteils der Doppelmonarchie, übernommen.
Der Auflösung des Obersten Gerichtshofs und dem Übergang seiner Zuständigkeiten an das Reichsgericht in Leipzig mit 31. März 1939 war ein Symposium im Justizpalast in Wien gewidmet. Der Errichtung des Oberlandesgerichts Linz wurde in Oberösterreich weder universitär noch von Seiten der Justiz gedacht.
Angesichts der „legistischen Vorläufigkeiten“ in seiner Frühphase, der politischen Unmöglichkeit zu einer grundsätzlichen Reform der Justiz (etwa wie oftmals gefordert drei Gerichtstypen, einem dreigliedrigen Instanzenzug entsprechend), und seinem erfolgreichen Wirken kann man dem Oberlandesgericht Linz zu seinem 75. Geburtstag getrost wünschen: Ad multos annos!
Dr. Karl Krückl, MA PLL.M ist Rechtsanwalt in Linz