von Rechtsanwalt Dr. Karl Krückl, Linz
1. Einleitung
Die Durchdringung Österreichs mit Mobiltelefonen hat die 100%-Grenze längst überschritten. Umso erstaunlicher ist, dass es praktisch keine Urteile zu gewährleistungsrechtlichen Fragestellungen im Kontext der Mobiltelefonie gibt. Dies mag seine Ursachen einerseits im rapiden Preisverfall für die Endgeräte und andererseits im Unwissen weiter Teile der Bevölkerung über die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen haben. Auch versteht es der einfache Konsument oftmals nicht, mit der Vermutung des § 924 ABGB, dass ein Mangel, der innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe hervorgekommen ist, bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war, zu argumentieren . Im Folgenden sollen zwei Fälle dargestellt werden, die in letzter Zeit in der Kanzlei des Verfassers zu bearbeiten waren.
2. Korrosionsschäden an der Hauptplatine eines Mobiltelefones
2.1. Leitsatz
Bei Mobiltelefonen wird gewöhnlich vorausgesetzt, dass diese beim Telefonieren mit der Hand gehalten werden können, ohne dass durch einen Feuchtigkeitseintritt – resultierend aus der mit der Erwärmung des Mobiltelefons einhergehenden vermehrten Schweißproduktion der Hand – auf der Hauptplatine Schäden entstehen.
2.2. Sachverhalt
Der Kunde kaufte ein Mobiltelefon Nokia 3650 Edition. Nach fünf Monaten des anstandslosen Gebrauches konnten Gesprächspartner des Kunden während eines Telefonates nicht mehr hören, hingegen war es dem Kunden möglich, den jeweils anderen Teilnehmer zu verstehen. Eine Untersuchung des Mobiltelefons durch die Servicewerkstätte des Verkäufers ergab Korrosionsspuren, die eine irreparablen Beschädigung darstellten.
Der Defekt resultierte aus einem Feuchtigkeitseintritt über die Abdeckung des Akkus auf der Rückseite des Handys infolge Kondensation. Dabei trat die Feuchtigkeit durch die links und rechts im Bereich der Kameralinse befindlichen Öffnungen auf der Abdeckung des Akkus ein. Dieser Bereich der Akku-Abdeckung wird beim Telefonieren mit der Hand abgedeckt. Zum Feuchtigkeitseintritt durch Kondensation kam es im Zuge des ordnungsgemäßen Gebrauchs beim Telefonieren durch die regelmäßig mit dem Betrieb einhergehende Erwärmung des Mobiltelefons im Zusammenhang mit der natürlichen Hautwärme und –feuchtigkeit. Der so erfolgte Feuchtigkeitstransport über die Handfläche führte zu einer Korrosion an drei Stellen auf der ungeschützt unter den Öffnungen liegenden Hauptplatine.
2.3. Rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass, wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, dafür Gewähr leistet, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, das sie einer Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann (§ 922 Abs. 1 ABGB).
Gewöhnliche Eigenschaften bedürfen keiner besonderen Abrede, weil sie gewöhnlich (d.h. von der Verkehrsauffassung) vorausgesetzt werden können (Reischauer in Rummel ABGB³ RN 4 zu § 922) Wird der geschuldete Erfolg nicht erreicht, obwohl die Sache nach dem Stand der Technik hergestellt wurde, so ändert dies an der Mangelhaftigkeit der Leistung nicht (WBl 1989, 207).
Die Hauptplatine liegt beim gegenständlichen Mobiltelefon ungeschützt unterhalb der beiden Öffnungen am Gehäuse. Alleine durch das Telefonieren kam es letztendlich zum Defekt. Bei einem Mobiltelefon wird gewöhnlich vorausgesetzt, dass dieses beim Telefonieren mit der Hand gehalten werden kann, ohne dass durch einen Feuchtigkeitseintritt – resultierend aus der mit der Erwärmung des Mobiltelefons einhergehenden vermehrten Schweißproduktion der Hand – auf der Hauptplatine Schäden entstehen können. Das Mobiltelefon weist somit einen Mangel auf. Dieser war zum Zeitpunkt der Übergabe bereits vorhanden.
2.4. Berufungsverfahren
Der Berufung der beklagten Partei wurde keine Folge gegeben.
Ergänzend stellte das Berufungsgericht fest, dass der Mangel im Zeitpunkt der Übergabe konstruktionsbedingt bereits vorhanden war. Der Mangel des Telefons liege darin, dass es bei normaler Verwendung durch die Feuchtigkeitsübertragung von der Handfläche korrodiere. Dass dieser Mangel ein gewährleistungsrechtlich relevanter Mangel sei, bedürfe keiner weiteren Begründung.
Die von der Berufungswerberin gewünschte Feststellung, dass das Handy „zum Halten in der Hand“ nicht geeignet gewesen sei (!), hat das Erstgericht zu Recht nicht getroffen, weil, wie die Berufungsbeantwortung richtig aufzeigt habe, die Mangelhaftigkeit des Telefons darin gelegen hat, dass es bei ordnungsgemäßen Gebrauch durch die Erwärmung des Mobiltelefons im Zusammenhang mit der natürlichen Hautwärme und -feuchtigkeit zu einer Korrosion gekommen ist.
(Bezirksgericht Linz-Land 01.06.2005 9 C 1586/03i-23; Landesgericht Linz 15.02.2006 15 R 408/05h)
3. Zur fehlenden Netzabdeckung
3.1. Leitsatz
Bei einem Mobiltelefonvertrag stellt die Verwendbarkeit des Telefons durch entsprechende Netzabdeckung die Hauptleistung dar. Dem Kunden, der seine Obliegenheit, sich nach der Netzabdeckung zu erkundigen, erfüllt hat, und dem ausdrücklich zugesichert wurde, dass an dem Ort., wo er das Mobiltelefon hauptsächlich nutzen wollte, eine Netzabdeckung besteht, ist. eine Fortsetzung des Vertrages nicht zumutbar, wenn an diesem Ort tatsächlich keine Netzabdeckung gegeben ist.
3.2. Sachverhalt
Der Kunde schloss einen schriftlichen Mobiltelefonvertrag ab. Die dem Vertrag zugrundegelegten „Service AGB“ des Netzbetreibers lauteten in den entscheidungsrelevanten Punkten:
„9 Geographische Verfügbarkeit des Services
9.1 Die Verfügbarkeit des Services ist räumlich auf den Empfangs- und Sendebereich (Netzabdeckung) des von 3 in Österreich betriebenen Mobilfunknetzes beschränkt. Der Kunde wird sich vor Abschluss des Vertrages über die Netzabdeckung an seinen bevorzugten Standorten informieren. Die Netzabdeckung des 3 Mobilfunknetzes kann der Kunde der jeweils gültigen Netzabdeckungskarte entnehmen, die bei den Verkaufsstellen von 3 aufliegt.“
Der Kunde hat sich im Zuge des Vertragsabschlusses über die Netzabdeckung an seinem Wohn- und Arbeitsort erkundigt. Vom Mitarbeiter im „Store“ wurde ihm zugesichert, dass er auch dort Empfang hat. Nach mehreren Beschwerden des Kunden wurde das Mobiltelefon gegen ein neues Gerät ausgetauscht. Nachdem sich durch den Tausch des Gerätes der Empfang im Netz nicht verbessert hatte, kündigte der Kunde den Vertrag.
3.3. Rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes
Schon gemäß Punkt 25.3 der dem Vertrag zugrundeliegenden AGB ist eine Vertragsauflösung aus wichtigem Grund jederzeit möglich. Nach den getroffenen Feststellungen wurde dem Kunden, der seine Obliegenheit, sich nach der Netzabdeckung zu erkundigen, erfüllt hat, ausdrücklich zugesichert, dass an seinem Wohn- und Arbeitsort in Z., wo er das Mobiltelefon hauptsächlich nutzen wollte, eine Netzabdeckung besteht. Nach der Rechtsprechung muss der wichtige Grund die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lassen (vgl RIS-Justiz RS0027780). In schwerwiegenden Leistungsstörungen liegt, wenn dadurch die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar geworden ist, ein solch wichtiger Grund (vgl 6Ob159/01b). Bei einem Mobiltelefonvertrag ist offenkundig, dass die Verwendbarkeit des Telefons durch entsprechende Netzabdeckung die Hauptleistung darstellt, die gewährleistet werden muss. Im gegenständlichen Fall lag aber durch die fehlende Verwendbarkeit des Telefons am Wohn- und Arbeitsort des Kunden in Folge fehlender Netzabdeckung eine schwerwiegende Leistungsstörung vor. Unter diesen Umständen war dem Kunden eine Fortsetzung des Vertrages nicht zumutbar du musste er aufgrund der Zusicherung der bestehenden Netzabdeckung im Vertragsschlusszeitpunkt auch nicht damit rechnen. Die Auflösung aus wichtigem Grund erfolgte daher zu Recht.
Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.
(Bezirksgericht Linz 16 C 1881/04 x)
1.8.2007